Bericht von der Kenia-Fahrt des Servir-Projektes

Die Abiturientinnen Jolina Hanses, Lenia Hille, Katharina Japes, Freskinë Ramiqi, Emilia Ruppert und Antonia Tigges haben sich mit einigen anderen Mitgliedern des Servir e.V. direkt nach ihrer Abiturfeier auf den Weg nach Kenia gemacht, um das Servirprojekt in Pundamilia zu besuchen. Für LokalPlus haben die Abiturientinnen von ihren Erlebnissen berichtet und ihre  Erfahrungen aufgeschrieben.

https://www.lokalplus.nrw/lennestadt/aus-fremden-wurden-kleine-freunde-bewegende-erlebnisse-in-kenia-81267

Hier folgt ihr Bericht:

„‘Dear visitors, sit back, relax and enjoy!‘ – So wurden wir auch von den Kindern der „Bishop Morrow School“ in Pundamilia empfangen. Kinder und die Lehrkräfte hießen uns mit Tänzen und Gesang willkommen. Wir bedankten uns für den herzlichen Empfang, indem wir eine sehr spontane und eher semiprofessionelle Performance zu KIKA-Tanzalarm hingelegt haben. Dieser Auftritt sorgte beiderseits für einige Lacher.

Nach ein paar Kennenlern-Spielen war das Eis schnell gebrochen und wir wurden täglich mit einem High-Five-Marathon von 150 Kinderhänden begrüßt. Die Tage darauf bastelten wir zusammen mit den Schülern, Lehrkräften und Sisters Perlenarmbänder, bemalten Holzplättchen und brachten ihnen Tischtennis an der neuen und durch Spenden finanzierten Tischtennisplatte bei. Besonders interessiert waren die Kinder an den Steckbriefen für die geplante Brieffreundschaft zwischen Fünftklässlern vom Gymnasium Maria Königin und der „Bishop Morrow School“.

Dank einiger Spenden konnten wir das Spielzeugangebot für die Pausen mächtig aufstocken. Von Fußbällen über Volleyballschläger bis hin zu Frisbees und Gummitwist war alles dabei. Zusätzlich spendierte die Firma „alfha“ aus Finnentrop 30 Trikotsätze.

Besonders beeindruckte uns dabei der behutsame Umgang mit jeglicher Art von Spielsachen. Trotz der schwierigen Verhältnisse war das Teilen zwischen den Kindern immer eine Selbstverständlichkeit!

Einige von uns bekamen außerdem die Möglichkeit, die Straßen Pundamilias zu erkunden und die Familien einiger Schüler zu Hause zu besuchen. Die Lebensumstände einer Familie – eine Mutter und drei Kindern – haben uns besonders aufgewühlt: Nach einem harten Schicksalsschlag verlor die Familie alles, was sie besaß, und war gezwungen sich ein komplett neues Leben aufzubauen.

Wir betraten ein acht Quadratmeter kleines, notdürftig zusammengezimmertes Lehmhäuschen mit nur einem unmöblierten, dunklen Raum ohne Fenster. Die vierköpfige Familie muss ohne sanitäre Anlagen auskommen, gekocht wird auf einer kleinen Feuerstelle. Die Miete beträgt etwa 200 Kenia-Schilling im Monat, das sind nur etwa 1,50 Euro. Obwohl die Mutter zwei Jobs hat, stellt sie die Finanzierung des geringen Lebensstandards monatlich vor große Herausforderungen.

Daher übernehmen die Sisters die komplette Schulausrüstung der Schülerin, um ihr trotz der finanziell schlechten Lage eine gute Schuldbildung zu ermöglichen.

Für uns war es sehr schwer zu begreifen, dass Menschen und insbesondere Kinder tatsächlich so leben müssen. Es hat uns schwer beeindruckt, wie die Schülerin ihren Alltag und die Schule meistert, ohne Schreibtisch, ohne Spielzeug und ohne Rückzugsort.

Nach ereignisreichen Schultagen machten wir uns jeden Abend auf den Heimweg nach Makuyu zum weltweit größten Männerorden „Don Bosco“. Dieser verschaffte Servir vor einigen Jahren den Kontakt zur nur fünf Kilometer entfernten Schule in Pundamilia und hat somit den Grundstein für das Projekt gelegt.

Abends gab es immer ein aus eigenem Anbau selbst zubereitetes Abendessen der Brothers and Fathers. Dabei erhielten wir nicht nur einen kulinarischen Einblick in die fremde Kultur, sondern konnten in langen Gesprächen einen immer besseren Eindruck vom Leben in Makuyu bekommen.

Trotz einiger Langschläfer in der Gruppe besuchten wir fast täglich die Morgenmesse in der Kirche auf dem Gelände. Die Bänke waren gefüllt mit Menschen aller Altersklassen, jeder klatschte, sang und tanzte mit. Unterstützt wurde die gute Laune durch einen Chor und traditionelle Instrumente wie zum Beispiel Trommeln.

Im Laufe der Reise wurde uns klar, dass Musik und deren Rhythmen einen ganz besonderen Platz einnehmen. Dieser sehr mitreißende Teil der kenianischen Kultur hat uns immer gute Laune bereitet.

Zum Schluss folgte der traurigste Teil der Reise. Der Abschied von den Kindern fiel uns allen sehr schwer. Besonders in den letzten Tagen wurden aus Fremden kleine Freunde mit eigenen Geschichten, Lebensrealitäten und bewundernswerten Talenten.

Jetzt sind wir wieder in unserem behüteten Zuhause in einem sicheren Land angekommen. Der Kontrast zwischen Überfluss und Armut hat uns zum Nachdenken angeregt, und die zwei Wochen haben uns ein ganz neues Verständnis für das Privileg von guter Schulbildung verschafft.

Die Reise war eine emotionale Achterbahnfahrt. Zwischen Bewunderung, Vergnügen, Geborgenheit, aber eben auch dem Gefühl von Machtlosigkeit, Trauer und Entsetzen blicken wir dankbar auf die Erfahrungen in einem ganz anderen Teil der Welt zurück. Das erste Mal Afrika wird uns allen noch lange in Erinnerung bleiben und einige von uns wollen definitiv wiederkommen.“